25.3

25.3 Suizidalität im Kindes- und Jugendalter

Der vollendete Suizid im Jugendalter ist nach Schulz (2000) die dritthäufigste Todesursache nach Verkehrsunfällen und Krebserkrankungen. Im Kindesalter steht der Suizid statistisch gesehen an 10. Stelle der Todesursachen. Die Dunkelziffer ist jedoch hoch. Vor allem im Jugendalter stellt die suizidale Krise also ein häufig gezeigtes Problemverhalten dar, das alle Behandlergruppen mit schwierigsten therapeutischen Aufgaben konfrontiert. Suizide werden  angedroht, versucht und vollendet. Ca. 70-80% aller Versuche werden von den Betroffenen vorher angekündigt und häufig mit gesteigertem selbstverletzendem Verhalten eingeleitet. Ankündigungen haben Appellcharakter, sollten ernst genommen werden und bieten einen Ansatz zu vorsorgender Behandlung. Weitere Merkmale präsuizidaler Symptomatik sind verarmte zwischenmenschliche Beziehungen und Wertvorstellungen sowie insgesamt eine Einengung situativen und dynamischen Erlebens (z.B. generell negativ getönte emotionale Wahrnehmung, Verlust der emotionalen Schwingungsfähigkeit). Bei Verdacht auf Selbstmordgefährdung muss exploriert werden, ob genauere und schon länger andauernde Selbstmordgedanken und –vorstellungen über den Ablauf existieren. Bei einem begründeten Verdacht sollten sofort die fachlich zuständigen Personen bzw. Stellen (Arzt, Psychotherapeut, Klinik) eingeschaltet werden.

 

Risikofaktoren für suizidales Verhalten im Jugendalter (ergänzt nach Schulz 2000)

  • Verlust einer bedeutungsvollen Bezugsperson
  • Broken-Home-Situation
  • Suizid in der Familie
  • Soziale Isolation
  • Probleme im Sexualbereich/auch sexueller Missbrauch
  • Aggressives und/oder delinquentes Verhalten
  • Traumatisierung (z.B. Gewalterfahrungen, Katastrophen, Folter)
  • Alkohol- und Drogenmissbrauch
  • Hoher Leistungsdruck (Überforderung)
  • Nachahmungs-Suizid

 

Suizidales Verhalten tritt auch im Zusammenhang von Störungen der Impulskontrolle sowie nur ungenügender Kompetenzen zur Regulierung von Affekten auf. Diagnose und Therapie suizidalen Verhaltens hat die psychologischen Grunderkrankungen zu berücksichtigen (z.B. depressive Syndrome, akute Belastungsreaktionen, schizophrene Psychosen, drogeninduzierte Psychosen, Essstörungen, Störungen des Sozialverhaltens), um die Komplexität der Entstehungsbedingungen zu erfassen.

Suizidalität wird im allgemeinen stationär behandelt und orientiert sich an der Grunderkrankung und weiteren Belastungsfaktoren. So muss z.B. ein Selbstmordversuch bei einem Essgestörten spezifisch anders behandelt werden als Suizidalität bei Substanzmittelmissbrauch, bei schweren depressiven Syndromen oder bei einem Psychotiker. Die Behandlungsformen müssen der Vielfalt der Ursachen Rechnung tragen. Demzufolge kommen auch eine Reihe von auf den Einzelfall abgestimmten Behandlungsansätzen (gesprächspsychotherapeutische, kognitive, familienzentrierte, verhaltenstherapeutische u.a. Methoden) zum Einsatz.